DRB: Strafprozess muss effektiver werden
Der Deutsche Richterbund (DRB) begrüßt die beginnende Diskussion um eine Reform des Strafprozesses und wird in die aktuelle Debatte praxisgerechte Vorschläge einbringen.
"Unser Strafrecht darf nicht zum zahnlosen Papiertiger verkommen. Endlos lange Strafverfahren insbesondere bei den Strafkammern der Landgerichte und die Masse der Prozesse bei den Amtsgerichten belasten die Opfer unzumutbar und drohen derzeit die Strafjustiz lahmzulegen. Der dramatische Hilferuf der Hamburger Richterschaft vom 7.6.2001* ist symptomatisch für den Zustand der Strafjustiz in vielen Bundesländern.
Der beste Opferschutz ist eine schnelle und angemessene staatliche Reaktion auf Straftaten. Der Opferschutz könnte zudem dadurch gestärkt werden, dass künftig jede strafgerichtliche Verurteilung auch die zivilrechtliche Verpflichtung des Täters enthält, den beim Opfer entstandenen materiellen Schaden wieder gutzumachen. Dies würde quälende Wiederholungen der Beweisaufnahmen vor dem Zivilgericht überflüssig machen", betonte der Vorsitzende des DRB, Geert Mackenroth.
Der DRB fordert im Strafprozess
- längere Unterbrechungsfristen: Grundsätzlich dürfen derzeit Hauptverhandlungen nicht länger als zehn Tage unterbrochen werden, anderenfalls muss die gesamte Strafverhandlung von vorn beginnen. Wenn also z.B. eine Strafkammer auf Antrag der Verteidigung einen Zeugen im Ausland lädt und dieser erst zwei Wochen später vor Gericht erscheinen kann, muss ein sogenannter Überbrückungstermin anberaumt werden. Solche oft nur wenige Minuten dauernden Termine dienen weniger der Wahrheitsfindung denn der formalen Einhaltung der gesetzlichen Unterbrechungsvorschriften. Sie verschlingen zudem unsinnigerweise Millionenbeträge. Die Frist muss auf vier Wochen verlängert werden.
Zu prüfen ist in diesem Zusammenhang auch die Vergütung für Pflichtverteidiger. Derzeit wird aus der Staatskasse eine pauschale Vergütung pro Verhandlungstag gezahlt, unabhängig davon, ob dieser den ganzen Tag, mehrere Stunden oder nur fünf Minuten dauert.
- eine Überprüfung des Beweisantragsrechts: Derzeit kann der Angeklagte mit seinen Beweisanträgen praktisch bis zum Beginn der Urteilsverkündung warten. Diese Rechtslage verhindert oft zügige Verfahrensabschlüsse, sie ist überprüfungsbedürftig. Rechte des Angeklagten werden nicht eingeschränkt, wenn er künftig einen Beweisantrag stellen muss, sobald ihm dessen Entscheidungserheblichkeit und das Beweismittel bekannt sind.
- eine angemessene Personalausstattung.
- Der DRB steht Bestrebungen kritisch gegenüber, den Beschuldigten stärker in das Ermittlungsverfahren einzubinden. Forderungen nach einem "partizipatorischen Strafverfahren" sind bereits im Ansatz verfehlt. Eine effektive Strafverfolgung gebietet, prozessuale Zwangsmaßnahmen (etwa eine Durchsuchung) auch ohne eine vorausgehende Unterrichtung des Beschuldigten durchführen zu können.
Der vollständige Wortlaut der Stellungnahme des DRB zum Eckpunktepapier des Bundesjustizministeriums zur Reform des Strafprozesses kann im Internet unter www.drb.de nachgelesen werden.
Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an:
Uta Fölster, Geschäftsführerin des DRB, Tel.: 030/20 61 25-0, Fax: 030/20 61 25-25,
E-Mail: foelster@drb.de
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