Der Teil des Koalitionsvertrags der Hamburger Regierungsparteien
CDU/PRO/FDP vom 19.10.01, der die Justiz betrifft (Wolfgang
Hirth):
"...
Justiz
Recht sichert die Freiheit. Der Schutz durch den Rechtsstaat verlangt
effektive Verfolgung und Verurteilung von Straftätern und eine schnelle
Erledigung von Streitigkeiten.
-
In einem ersten Schritt werden nicht besetzte Stellen unverzüglich
wiederbesetzt. Im Rahmen der Haushaltsberatungen 2002 wird über eine
deutliche Ausweisung neuer Stellen für Richter und Staatsanwälte,
deren Geschäftsstellen, Gerichtsvollzieher und Rechtspfleger entschieden.
-
Ziel ist es, die unangemessen lange Wartezeit in der Referendarausbildung
– insbesondere für hoch qualifizierte Referendare – zu verkürzen.
-
Um die Verfahrensabläufe zu optimieren, werden verstärkt moderne
Kommunikationsmittel und -wege für Bürger und Justiz ermöglicht
und genutzt, wie z. B. um eine Einreichung von Klageerhebungen oder Gerichtsschriftsätzen
per E-Mail oder eine elektronische Aktenführung zu ermöglichen.
Dafür wird eine Modernisierung der Ausstattung durch netzwerkfähige
PCs vorangetrieben.
-
Es werden die organisatorischen Maßnahmen ergriffen und die Voraussetzungen
– wie z. B. die elektronische Vernetzung - dafür geschaffen, dass
Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichte eng miteinander kooperieren können,
um die Verfahren zu beschleunigen.
-
Von der Experimentierklausel aus der ZPO-Reform zur Reduzierung der
Rechtsmittel wird Hamburg keinen Gebrauch machen.
-
Die Arbeits- und Sozialgerichte werden aus der BAGS in die Justizbehörde
verlagert.
-
Die Bemühungen der Handelskammer zum Aufbau einer internationalen
Schiedsgerichtsbarkeit als außergerichtliches Instrument zur Streitbeilegung
werden unterstützt.
-
Der Opferschutz wird gestärkt. Das Betreuungsangebot für Kriminalitätsopfer
wird durch die Einstellung besonders geschulter Polizeibeamter und die
Vermittlung von Hilfs-, Therapie- und Beratungsangeboten ausgeweitet. Darüber
hinaus wird die kostenfreie Bereitstellung eines Opferanwaltes angestrebt.
-
Ausreisepflichtige Ausländer werden konsequent abgeschoben.
Jugendgerichtsbarkeit
Jugendliche, die Straftaten begehen, müssen frühzeitig
ihr Unrecht vor Augen geführt bekommen sowie zeitnah und konsequent
zur Verantwortung gezogen werden, um eine kriminelle Laufbahn zu verhindern.
-
Ziel ist es, dass die Anwendung des Jugendstrafrechts bei den Heranwachsenden
auch in der Praxis die Ausnahme wird.
-
Die zur Altersfeststellung notwendigen und möglichen Maßnahmen
werden konsequent durchgesetzt.
-
Verhängte erzieherische Maßnahmen und Zuchtmittel wie Jugendarrest
und Arbeitsauflagen werden schnell und konsequent vollstreckt.
-
Für Intensivtäter (insbesondere Gewalttäter und Dealer)
wird die erforderliche Zahl von Plätzen in geschlossenen Einrichtungen
bereitgestellt. Die Einrichtungen orientieren sich an den modernen Grundsätzen
zur erzieherischen Betreuung. Eine Zusammenarbeit mit umliegenden Bundesländern
wird dabei angestrebt. Auf erlebnispädagogische Reisen für jugendliche
Straftäter als Ersatz für Bestrafung wird verzichtet.
-
Die Jugendgerichtsbarkeit wird dezentralisiert, um eine größere
Orts- und Milieunähe zu erreichen. Im Gegenzug wird die Dezentralisierung
des Familiengerichtes Mitte aufgegeben.
Strafvollzug
Im Mittelpunkt des Straf- und Maßregelvollzugs steht zukünftig
der Schutz der Bevölkerung.
-
Vollzugslockerungen werden restriktiv gehandhabt. Externer Sachverstand
wird in Zweifelsfällen herangezogen. Die unter sachfremden Gesichtspunkten
ausufernde Gnadenpraxis wird eingeschränkt.
-
Die Standards in den Strafvollzugsanstalten werden unter dem Aspekt
der Sicherheitsbedingungen überprüft.
-
Ziel des Strafvollzugs bleibt die Wiedereingliederung in die Gesellschaft.
Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn sichergestellt ist, dass in
den Strafanstalten keine kriminellen Strukturen entstehen oder erhalten
bleiben. Bauliche, personelle und organisatorische Maßnahmen werden
deshalb verbessert.
-
Für Straftäter aus den Bereichen Organisierte Kriminalität,
Drogendelikte und Terrorismus werden besondere Schutzvorkehrungen wie z.
B. Separierung und Beschränkung der Telefonmöglichkeiten getroffen.
Dadurch wird gleichzeitig der Schutz der Schwachen in den Strafanstalten
stärker gewährleistet.
-
Ausländische Straftäter, gegen die eine Abschiebung nach Haftverbüßung
angeordnet ist, werden in einem gesonderten Vollzugsbereich untergebracht.
-
Die zügige Besetzung freier Stellen wird angestrebt. Gleichzeitig
wird der Stellenabbau beim Allgemeinen Vollzugsdienst beendet.
-
Angestrebt wird ein drogenfreier Strafvollzug insbesondere durch verschärfte
Kontrollen und andere geeignete Maßnahmen zur Verhinderung der Einschleusung
von Drogen in Strafvollzugsanstalten. Angestrebt wird ein Entzug im Strafvollzug
im Rahmen einer separaten, geschlossenen Therapieeinrichtung für Strafgefangene.
-
Der Maßregelvollzug in Hamburg wird verschärft. Für
Lockerungen des Vollzugs besteht eine Zustimmungspflicht durch die Staatsanwaltschaft
und die Verpflichtung für ein externes Zweitgutachten. Die forensischen
Kliniken bleiben in der Verantwortung der Gesundheitsbehörde.
-
Der Neubau der Anstalt Billwerder wird unter Bedarfsgesichtspunkten
weiterbetrieben. Unabhängig vom Neubau werden Gespräche mit den
jüdischen Organisationen, Opferverbänden und Institutionen mit
dem Ziel aufgenommen, Einvernehmen darüber herzustellen, ob die Pläne
für eine Schließung der Anstalt XII angesichts des dringenden
Bedarfs an ausreichenden Haftplätzen in Hamburg aufgegeben werden
können.
-
Soweit Sicherheitsbedenken dem nicht entgegenstehen, werden nichthoheitliche
Aufgaben der Haftanstalten auf private Dienstleister übertragen.
..."