Gott, warum tust Du dieses, daß wir sehen,
wo sich der Weg zieht, den wir schreiten
müssen,
und daß wir brennen, ihn beherzt zu gehen,
des Heimwehs spottend, das uns wundgerissen.
Und sind gebunden doch an diese Stätte,
die uns nicht liebt, und die uns von sich
stößt?
Nicht hier, nicht dort zu Haus - grausame
Kette -
und keine Kraft, die unsere Fesseln löst.
(Lambert Leopold, Mai 1933)
Stolpersteine und
Leopolds Schallplatte
In MHR 4/2005, 16 hat Johann-Hinrich Möller als
Mitglied des Projektes „Stolpersteine“ über Stolpersteine für Opfer des
Nationalsozialismus
aus
der
Hamburger
Richterschaft
berichtet.
Seinem
Spendenaufruf,
der
vom
Hamburgischen
Richterverein
unterstützt
wurde,
sind die Mitglieder des Richtervereins in großer Zahl gefolgt,
so dass die Aktion hinsichtlich der Richter gesichert ist. Im August wird für
jeden der 10 Richter und Staatsanwälte, die in MHR 4/2005, 16 benannt wurden,
vor dem Ziviljustizgebäude je ein Stolperstein gesetzt werden. Das genaue Datum
der Einweihung wird noch bekanntgegeben.
Zum
Dank für die Spenden hat Herr Möller eine Tondatei bereitgestellt. Sie
beinhaltet eine
vom
Hamburger
Landrichter
Lambert
Leopold, der von den Nationalsozialisten
zunächst Berufsverbot erhielt und dann von Ihnen deportiert und ermordet wurden,
eine wahrscheinlich im Frühjahr 1934 besprochene
Grußschallplatte
an
seine Schwester Friedel Wertheim in
Südafrika. Die in USA und Südafrika lebenden Nachkommen von Lambert
Leopold
haben
der
Veröffentlichung
durch den Richterverein zugestimmt.
Über diese Schallplatte schreibt Möller:
„Die vorstehenden Gedichte wurden von Lambert Leopold auf eine ‚Schallplatte’
gesprochen, die vermutlich 1934 in den Großen Bleichen in Hamburg aufgenommen wurde. Von Herrn Georg Giffey,
Schellackplatten-Sammler und Tontechniker beim NDR, habe ich erfahren, dass es
in den Großen Bleichen zu jener Zeit mehrere Tonstudios für private Zwecke gab,
in denen überwiegend Privataufnahmen als ‚Grußkarten’ erstellt wurden. Ein
Verfahren, dass zu jener Zeit offenbar sehr beliebt war. Die Sammlung von Herrn
Giffey beinhaltet mehrere derartiger Aufnahmen, so auch einige Geburtstagsgrüße
und Feldpostbriefe.
Von der ursprünglichen Aufnahme wurde für Frau
Irmgard Pilz eine Kopie auf Tonband-Kassette gezogen, die heute dem Jüdischen
Museum in Berlin vorliegt. Von dieser Kopie wurde wiederum eine Kopie für Frau
Pilz gefertigt, die ihrerseits davon eine Kopie für mich erstellt hat. Herr
Giffey hat mit einigem Erfolg versucht, die Qualität durch eine technische
Bearbeitung zu verbessern. Diese bearbeitete Aufnahme liegt mir als CD vor.
Lambert Leopold hat die ursprüngliche Aufnahme
wohl 1934 an seine Schwester Friedel Wertheim, geb. Leopold in Südafrika
geschickt. Friedel Wertheim ist mit ihrem Mann Dr. Siegmund Wertheim, einem aus
Gießen stammenden Arzt, nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten
schon frühzeitig nach Südafrika emigriert. Eine Patientin von Dr. Wertheim hatte diesem eine Emigration
nach Südafrika empfohlen, da sie das drohende Unheil für die jüdische Bevölkerung in Deutschland erkannte und Dr. Wertheim ohne Probleme seine Zulassung
als Arzt in Südafrika erhalten würde, da er auch über ein englisches
Medizinerexamen verfügte. Die Mutter von Friedel und Lambert Leopold ist kurze
Zeit danach ebenfalls nach Südafrika zu ihrer Tochter und ihrem Schwiegersohn gezogen.
Der Vater von Frau Pilz war mit Siegmund
Wertheim seit gemeinsamen Studientagen befreundet. Frau Pilz lebte mit ihrem
Mann für einige Jahre ebenfalls in Südafrika und ist noch heute mit der Tochter
von Friedel und Siegmund Wertheim, Eva Levy, befreundet und steht mit dieser in
regelmäßigem Kontakt.“
Die Tondatei nebst Abschrift hat der
Hamburgische Richterverein auf seiner Internetseite www.richterverein.de im
Downloadbereich bereitgestellt.
Ebenfalls neu auf unserer Internetseite ist
jetzt ein Artikel von Udo Löhr aus der MHR 3/1985, 2, in dem er insbesondere
über die Entfernung der Staatsanwälte Guggenheimer und Stein sowie der Richter
Rudolphi und Hecht aus dem Hamburger Justizdienst detalliert und mit weiteren
Nachweisen berichtet. In Fußnote 20 verweist er auf die Portraits von Stein,
Hecht und Rudolphi im Ziviljustizgebäude.
Wolfgang Hirth