(Dieser Artikel ist veröffentlicht in MHR 1/08, 9 ) < home RiV >
Justizpolitik auf dem Prüfstand
Am 24.01.2008 veranstaltete der Richterverein im Vorfeld der inzwischen durchgeführten Bürgerschaftswahl vom 24.02.2008 eine von PräsRAK Kury pointiert moderierte und vom Vereinsvorsitzenden Schaberg eingeleitete Podiumsdiskussion mit den rechtspolitischen Sprechern der Parteien:
· Viviane Spethmann (CDU)
· Rolf-Dieter Klooß (SPD)
· Till Steffen (GAL)
· Leif Schrader (FDP)
· Christiane Schneider (Die Linken)
Das Thema lautete „Parteien zur Wahl: Justizpolitik auf dem Prüfstand". Da die Wahlprogramme der Parteien meistens wenige Aussagen zur Justizpolitik treffen (am ehesten noch bei den kleinen Parteien und so gut wie nichts bei den beiden großen Parteien), war die Podiumsdiskussion eine gute Gelegenheit, genauere Informationen zu erhalten. In geballter Form und mit auf ein Minimum reduziertem Wahlkampfgetöse waren die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der justizpolitischen Sprecher zu vernehmen. Dabei war allen Sprechern gemeinsam, dass sie nicht befugt waren, haushaltswirksame Erklärungen abzugeben. Die Freude der Zuhörer an dem oft großen und gemeinsamen Wohlwollen der Sprecher gegenüber allen wichtigen konkreten Anliegen der Richterschaft war getrübt von dem gerade von den Sprechern der großen Parteien immer wieder beklagten mangelnden Rückhalt in den eigenen Parteien. Justizpolitik als solche stößt (abgesehen von den punktuellen Einzelthemen der Tagespolitik) auf geringes Interesse in der Öffentlichkeit und damit auch in den Parteien. Die Richterschaft wurde deshalb aufgefordert, sich selber stärker in der Öffentlichkeit bemerkbar zu machen, um dort eine stärkere Sensibilität zu erzeugen. Die desillusionierende Ohnmacht der Justizpolitiker offenbarte sich darüber hinaus auch im Verhältnis zum Personalamt, die von Vertreterin der Regierungspartei (!) beschrieben wurde.
Jede einzelne rechtspolitische Position jeder Partei – etwa die von Herrn Klooß aufgelisteten vielen Absichten der SPD insbesondere im Strafvollzug - aufzuführen, würde hier zu weit führen. Insbesondere wurden die Themen „falsche Statistik der Bewährungsstrafen im Jugendrecht", Bachelor und "Dezentralisierung der Jugendgerichte" kontrovers diskutiert. Einzelne der sonstigen besonders interessanten Aspekte seien im Folgenden herausgegriffen.
Dass die Richtergehälter zu niedrig sind, war Konsens auf dem Podium einschließlich des Moderators. Schaberg hatte bereits in der Einleitung darauf hingewiesen, dass Deutschland bei dem Richtergehältern europaweit auf dem vorletzten Platz liegt.
Dass die Erhöhung der Richtergehälter wegen einer zunächst in Aussicht genommenen Leistungsbesoldung um ein Prozent niedriger ausgefallen war und dass dieses eine Prozent nach temporärer Aufgabe der Absicht, eine solche Leistungsbesoldung einzuführen, nicht an die Richter ausgekehrt wurde, war keinem der Justizpolitiker bekannt gewesen. Sie alle empfanden diesen Sachverhalt als ungerecht und als reine Sparmaßnahme. Auch sprachen sie sich gegen eine Leistungsbesoldung im Richterbereich und für eine Beibehaltung der R-Besoldung aus.
Steffen (GAL) war der Ansicht, es sollten keine zu starken Gehaltsabweichungen zwischen den Bundesländern gegeben, wurde aber darauf hingewiesen, dass eine solche Ansicht zu einer Orientierung am niedrigsten Gehaltsniveau führen würde.
Die Selbstverwaltung der Gerichte haben die GAL und die FDP in ihrem Programm. Die Linken haben sich als erste Partei bereits auf Bundesebene im Rahmen der letzten DRB-Wahlprüfsteine für die Selbstverwaltung ausgesprochen. Spethmann (CDU) verneinte eine Angst der Politik vor entsprechendem Machtverlust, hielt die Selbstverwaltung aber für noch diskussionsbedürftig.
Die GAL will ein Haushaltsantragsrecht der Justiz prüfen. Steffen möchte den Einfluss der Verwaltung bei der Mittelverteilung reduziert sehen und hält eine stärkere diesbezügliche politische Verantwortung des Parlaments für erforderlich.
Schrader (FDP) verlangte eine bessere personelle und materielle Ausstattung der Gerichte. Er empfahl, sich in Haushaltsfragen frühzeitig an die Deputation zu wenden, weil hier der Haushalt seinen Anfang nehme, und sich an den Bürgerschaftsausschuss zu wenden, der den Richterverein bereits jetzt als Experten anhören könne.
Schneider (Die Linken) will sich dafür einsetzen, dass von den Gerichten angemeldete Bedarfe befriedigt werden.
Spethmann (CDU) teilte mit, ein Sparprogramm für die Justiz sei nicht geplant. Durch interne leise Kämpfe habe man dafür gesorgt, dass bei der Justiz nicht weiter gespart worden sei - im Gegensatz zu anderen Bereichen.
Wolfgang Hirth