(Dieser Artikel ist veröffentlicht in MHR 2/09, 15) < home RiV >
Unabhängigkeit, Ethik und Medien
Tagung von Richtern, Rechtsanwälten und Staatsanwälten
Auch in diesem Jahr fand in
Wustrau unter Beteiligung von Rechtsanwälten und dem Justizminister des Landes
Rheinland-Pfalz eine ergebnisoffene Diskussion um Probleme richterlicher
Unabhängigkeit, Ethik und dem Umgang mit den Medien statt. Sinn dieser Tagung
ist es, gegenseitiges Verständnis zu wecken für die spezifischen Probleme des
Berufsstandes der Beteiligten. Lebhaft und engagiert diskutierten die anwesenden
Richter mit den Gästen und kamen meistens wenn nicht zu übereinstimmenden, dann
aber zu akzeptierten Aussagen. Am Ende der Tagung verfasste eine Arbeitsgruppe
aus Rechtsanwälten und Richtern unter Leitung des Präsidenten des
Oberlandesgerichts a.D. Manfred Flotho folgende Resolution:
Richter aller
Gerichtsbarkeiten, Rechtsanwälte und Staatsanwälte haben - auch unter
Beteiligung von Repräsentanten ihrer Standesvertretungen - auf Einladung der
Justizbehörde Hamburg vom 30.04.2009 bis 03.05.2009 an einer gemeinsamen Tagung
zum Thema „Richterliche Unabhängigkeit, anwaltliche Interessenwahrnehmung und
mediale Reflektion“ in der Zweigstelle Wustrau der Deutschen Richterakademie
teilgenommen. Sie haben dabei im Meinungsaustausch mit Medienvertretern
feststellen können, dass das Bild der deutschen Justiz in der medialen
Darstellung überwiegend positiv erscheint. Sie haben darüber hinaus viele
Brücken für die alltägliche Arbeit schlagen können und u.a. folgende Thesen
erarbeitet:
1. Die richterliche Unabhängigkeit ist ein Wesensmerkmal des Rechtsstaats. Sie verpflichtet die Richter, sich permanent fortzubilden und sich dem Dialog mit anderen Verfahrensbeteiligten zu stellen, um so die Unabhängigkeit zu stärken.
2. Die Stellung der Rechtsanwälte als Organe der Rechtspflege macht diese nicht zu Gehilfen der Gerichte und staatlichen Behörden. Rechtsanwälte sind den Interessen ihrer Mandanten verpflichtet; sie sichern deren Zugang zum Recht und dienen damit dem Gemeinwohl. Die wirksame Ausübung des Rechtsanwaltsberufs setzt Unabhängigkeit und ein von innerer Selbstbindung getragenes und dem Recht verpflichtetes Ethos voraus.
3. Die unterschiedlichen Funktionen der Richter, Staatsanwälte und Rechtsanwälte erzeugen Konflikte, die ausgetragen werden müssen - in fairer Weise und nach den Regeln der Verfahrensordnungen.
4. Die Glaubwürdigkeit aller Organe der Rechtspflege erfordert eine permanente und autonome Pflege und Fortentwicklung ihrer jeweiligen Berufsethik.
5. Die faire Zusammenarbeit sowie das wechselseitige Verständnis können in allen Verfahrensarten durch verstärkte Kontakte, offene Aussprachen und gemeinsame Veranstaltungen sowohl auf örtlicher wie auf Verbandsebene verbessert werden.
6. Im Interesse der Gerechtigkeit dürfen Absprachen im Strafverfahren die Gleichbehandlung aller vor dem Gesetz nicht gefährden.
7. Die Medien haben ihren eigenen öffentlichen Auftrag zu erfüllen. Die von ihnen vermittelte Wahrnehmung von Rechtspflege kann zu Konflikten führen. Für die Justiz empfiehlt sich deshalb eine klare, verständliche und rechtzeitige Information. Die Medien ihrerseits sollten vermehrt darauf achten, die individuellen Rechte der Verfahrensbeteiligten zu wahren.
Gerhard Schaberg