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Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

 

ein Stabwechsel hat an der Spitze des Richtervereins stattgefunden: Gerhard Schaberg ist gegangen (wurde aber Ehrenvorsitzender neben Inga Schmidt-Syaßen); Marc Tully ist gekommen. Näheres dazu und was sonst noch alles auf unserer Mitgliederversammlung geschah, lesen Sie ab Seite 3.

 

Dort (Seite 7) nur kurz erwähnt werden konnte das Thema „nächtlicher Bereitschaftsdienst“, welches stark im Kommen ist. Entscheidungen des BVerfG‘s zum Richtervorbehalt insbesondere bei der Anordnung von Blutalkoholuntersuchungen und deren Auswirkungen auf die Richterpräsenz werden bundesweit unterschiedlich gehandhabt. Beim Amtsgericht Hamburg haben einige Amtsrichter freiwillig Nachtdienst verrichtet. Nachdem diese Phase nun ausläuft, will der Justizsenator per Verfügung/Verordnung auch die Landrichter in dieses Boot holen. Die rechtlichen und tatsächlichen Bedenken der Präsidentin des Landgerichts fruchteten nichts. 

Ob der Richtervorbehalt bei den Alkoholkontrollen reduziert werden sollte, darüber gehen bundesweit die Meinungen auseinander. PräsBGH Tolksdorf, der Richterbund Mecklenburg-Vorpommern und einzelne Landesjustizminister beispielsweise sind dafür. Unser Justizsenator ist dagegen. Der Hamburgische Richterverein hat die in diesem Heft Seite 12 abgedruckte Presseerklärung zum Thema abgegeben; jedoch ist damit die Auseinandersetzung noch nicht abgeschlossen:

Der Richterverein hatte auch schon eine Podiumsdiskussion organisiert. Doch leider haben dann wichtige Referenten abgesagt, so dass diese Veranstaltung nicht angesagt werden konnte. Und auch die Bemühungen der MHR-Redaktion um Beiträge zum Bereitschaftsdienst scheiterten in mehreren Fällen – zumindest für dieses Heft. Der Richterverein wird trotzdem am Ball bleiben.

Alkoholkontrollen hatten auch in anderer Hinsicht gravierende Auswirkungen. Nach eben einer solchen Kontrolle trat kürzlich eine hohe kirchliche Würdenträgerin zurück. Dies für sich genommen wäre kein Thema für die MHR. Allerdings brachte hierzu die FAZ (das haben wir nun vom DRB-Abo) am 26.02.2010 auf ihrer Titelseite einen Kommentar zum theologischen Amtsverständnis, aus dem folgender Teil auch für die Richterschaft fruchtbar sein könnte. Heike Schmoll, eine Journalistin mit der Ehrendoktorwürde der Evangelisch-Theologischen Fakultät Tübingen, schrieb für die FAZ:

"Luther hat darauf beharrt, zwischen Amt, Person und deren Missbrauch des Amtes zu unterscheiden. Und er wusste, dass darin auch eine Entlastung liegt, vor allem ein Schutz vor Selbstüberforderung. Das heißt konkret, dass die das Amt ausübende Person keinen Gegenkommentar zu dem schreiben kann, was das Amt repräsentiert. In einer personalisierten Medienwelt, die geradezu davon lebt, dass Person und Amt – auch und gerade im politischen Bereich – identifiziert werden, wird es zunehmend schwierig, die protestantisch grundlegende Unterscheidung von Amt und Person aufrechtzuerhalten, also ein leitendes geistliches Amt nicht zur Selbstprofilierung zu nutzen.“

Von daher ist es gut, dass Richter in der Regel keine eigenen Presseerklärungen oder Interviews abgeben, sondern die Gerichtspressesprecher die Darstellung nach außen übernehmen. Das kommt dem Amt des Richters zugute.

 

Ihr
Wolfgang Hirth