(Dieser Artikel ist veröffentlicht in MHR 2/10, 12) < home RiV >

 

Presseerklärung

Saustall Justiz?

Die Berichterstattung einzelner Hamburger Tageszeitungen zu aktuellen Geschehnissen in der Hamburgischen Strafjustiz ist geeignet, grundlos das Vertrauen der Bevölkerung in die Funktionsfähigkeit der Hamburgischen Justiz nachhaltig zu erschüttern.

Der Hamburgische Richterverein bekennt sich nachdrücklich zu der Selbstverständlichkeit, dass eine offensiv-kritische Begleitung der Arbeit der Dritten Gewalt durch die Presse im demokratischen Rechtstaat unabdingbar ist. Dabei ist die Presse in ihrer verfassungsrechtlich gewährleisteten Unabhängigkeit, die im Übrigen weit über die neuerdings reflexartig kritisierte richterliche Unabhängigkeit hinaus geht, frei, auch plakativ und mit einer „knackigen“ Schlagzeile aus ihrer Sicht bestehende Missstände oder Versäumnisse anzuprangern. Diese journalistische Freiheit ist ein machtvolles Instrument, das leicht missbraucht werden kann. Wie jede Freiheit erfordert auch sie Verantwortung als ihre Kehrseite.

Die beabsichtigte generelle Herabwürdigung, die in einer Titelseite mit der Überschrift „Saustall Justiz!“ zum Ausdruck kommt, belegt ebenso anschaulich wie eindrucksvoll, dass der auflagensteigernden Skandalisierung eines Geschehens hier Vorrang vor der Sachaufklärung eingeräumt werden sollte.

Die Hamburgischen Richterinnen und Richter wissen um die Verantwortung, die ihnen mit ihrem Amt übertragen worden ist. Sie stellen sich – auch persönlich – der öffentlichen Kritik an ihrer Arbeit und wollen sich nicht „hinter ihrem Amt“ verstecken. Dass dazu auf einzelne Richter zum journalistischen Halali geblasen wird und sie sich quasi als Jagdtrophäe durch die Bildberichterstattung zerren lassen müssen, bleibt bei allem Verständnis auch für die wirtschaftlichen Interessen der Zeitungsverlage mit Blick auf den dadurch verursachten Flurschaden nicht nachvollziehbar.

Der Vorstand des Richtervereins