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Weihnachtsgeld – Teil 3:
Stellungnahme zum Gesetzentwurf
Am 09.06.2011 gab der Vorstand des Richtervereins eine Stellungnahme ab zum Entwurf eines Gesetzes über die jährliche Sonderzahlung und die Besoldungs- und Versorgungsanpassung 2011/2012. Nachstehend wird nur der allgemeine Teil der Stellungnahme abgedruckt. Der Volltext ist auf unserer Homepage einsehbar: www.richterverein.de/aktuell/110609.pdf
Der Hamburgische Richterverein begrüßt die im Gesetzentwurf vorgesehene jedenfalls teilweise Übernahme des Tarifabschlusses für Richterinnen, Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, die Integration der Sonderzuwendung in die monatlichen Bezüge und die einheitliche Behandlung der gesamten R-Besoldung; die gleichzeitig vorgesehene Kürzung der Sonderzuwendung lehnt er entschieden ab.
Auch wenn auf die vom früheren Senat vorgesehene vollständige Streichung der Sonderzuwendung verzichtet worden ist, enthält schon ihre beabsichtigte Kürzung um weit über 60% eine schmerzhafte, nicht hinnehmbare Einbuße. Dies gilt umso mehr, als schon die Besoldung in der gegenwärtigen Höhe der Stellung der Staatsanwältinnen, Staatsanwälte, Richterinnen und Richter als Träger der Dritten Gewalt nicht gerecht wird und nachhaltigen Zweifeln an ihrer Amtsangemessenheit und damit Verfassungsgemäßheit unterliegt; ihre effektive Kürzung durch die beabsichtigte Reduzierung der Sonderzahlung wird diese Problematik, die bereits den Gegenstand gerichtlicher Verfahren bildet, weiter verschärfen. Nur am Rande sei hier angemerkt, dass Deutschland innerhalb der Mitgliedsstaaten des Europarats im Vergleich der Richterbesoldung zum Durchschnittsjahresgehalt in der Bevölkerung schon jetzt mit Abstand den letzten (!) Platz einnimmt (Council of Europe, Europäische Kommission für die Effizienz und Qualität der Justiz (CEPEJ) - Die europäischen Justizsysteme - Ausgabe 2008 (Daten für 2006): Effizienz und Qualität der Justiz, CEPEJ-Studies No. 11, S. 192 ff.).
Die beabsichtigte einschneidende Kürzung der Sonderzahlung wird Hamburg zudem im Besoldungsvergleich der Länder auf einen Platz verweisen, der der wirtschaftlichen Bedeutung und Leistungsfähigkeit sowie dem politischen Selbstverständnis der Freien und Hansestadt Hamburg ebenso wenig gerecht wird wie dem hiesigen Niveau der Lebenshaltungskosten. Das schon jetzt bestehende Problem der Gewinnung geeigneten Nachwuchses, das wesentlich durch den mit der Föderalismusreform I eingeläuteten unseligen Besoldungswettbewerb zwischen den Ländern genährt wird, würde zusätzlich verschärft. Das sollte Anlass sein, Überlegungen zu einer „Entföderalisierung“ der R-Besoldung schon jetzt voranzutreiben und nicht, wie von der Justizministerkonferenz jüngst beschlossen, bis zum Jahr 2014 zurückzustellen.
Die Freie und Hansestadt Hamburg ist – trotz der bestehenden strukturellen Haushaltsprobleme – nach wie vor eines der reichsten Bundesländer. Sie sollte ihre Besoldung daher – wie in früheren Jahren – an Bayern, Hessen und Baden-Württemberg orientieren, die Sonderzahlungen in Höhe von 60% bzw. 52% der regelmäßigen monatlichen Bezüge vorsehen, nicht aber an Brandenburg, dem Saarland oder Berlin. Dabei geht es nicht nur um den Betrag der Sonderzahlung, sondern auch um ihre Ausgestaltung. So nachvollziehbar das Bestreben des Senats ist, die Auswirkungen von Einsparmaßnahmen auf Einkommensschwächere durch die Einführung eines für alle Besoldungsgruppen einheitlichen Betrags abzumildern, so deutlich ist doch darauf hinzuweisen, dass hierin eine dem Wesen der Besoldung der Richterschaft und Beamtenschaft fremde Nivellierung liegt.
Nicht minder kritisch sieht der Hamburgische Richterverein die Streichung der Sonderzahlung für Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger der Besoldungsgruppe R, die dazu führt, dass die lebensälteren Kolleginnen und Kollegen stärkere Einbußen erleiden müssen als die jüngeren, was sogar zu einer faktischen Kürzung der Versorgungsbezüge führt. Das Alimentationsprinzip erfordert jedoch eine lebenslange amtsangemessene Alimentation. Diese negative Auswirkung wird für Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger nicht kompensiert, zumal die Integration der Dezember-Sonderzahlung in das Grundgehalt der aktiven Beschäftigten für Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger in komplizierter Art und Weise wieder rückgängig gemacht wird.
Zudem ist es inkonsequent, den Sonderbetrag für berücksichtigungsfähige Kinder weiterhin in einem gesonderten Gesetz zu regeln. Um die Normenflut einzudämmen, sollte auch dieser Sonderbetrag beispielsweise in den Familienzuschlag des Hamburgischen Besoldungsgesetzes (HmbBesG) bzw. in das Hamburgische Beamtenversorgungsgesetz (HmbBeamtVG) integriert werden. Dies würde zudem die Besoldung/Versorgung transparenter gestalten.
Dr. Marc Tully