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Die ÖRA leistet - und braucht! - kompetente Hilfe

Da das so ist, bieten sich die Mitteilungen des Hamburgischen Richtervereins geradezu an, deren geneigte Leserschaft um freiwillige Mitarbeit in der ÖRA zu ersuchen. Denn wir "ÖRA"-nerInnen sind auf die Mitwirkung möglichst vieler Kolleginnen und Kollegen angewiesen, weil sowohl die Beratung einkommensschwacher Mitbürger - ganz gleich, welcher Hautfarbe, Staatsangehörigkeit, Religion oder welchen Geschlechts - als auch die Tätigkeit im Güteverfahren traditionell und aus guten Gründen nicht haupt-, sondern ehrenamtlich geleistet wird. So ist das nicht erst seit der "Wiedererrichtung" der Öffentlichen Rechtsauskunfts- und Vergleichsstelle durch die allseits bekannte Verordnung des Bürgermeisters und des Präsidenten des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 4. Februar 1946. Angefangen hat das alles schon viel früher und ganz bescheiden.

Kurzer geschichtlicher Rückblick zwischendurch:

Den Anfang machte in der Freien und Hansestadt Hamburg das Hamburger "Volksheim" anno 1901. Für Hanseaten mit ihrer anglophilen Ader kein Wunder: Das "Volksheim" wurde nach dem Vorbild der britischen Toynbee-Hall in der Rechtsform eines Vereins gegründet, und zwar nicht nur zu Nutz und Frommen der "armen" Menschen in den Arbeiter- Wohn- und Industrievierteln Rothenburgsort, Hammerbrook und Barmbek. Vielmehr spielte auch der Gedanke eine wichtige Rolle, dies könne bei jungen und älteren Juristen vermittels der Kontakte in der Arbeit mit den "Armen" (an anderer Stelle und noch lange auch "Minderbemittelte" genannt) soziales Verständnis wecken. Schon bald wurde klar wie wichtig es war, bei der Beratung nicht nur die Rechtslage zu prüfen, sondern mit Rat und Tat (Verfassen von Briefen, Verhandeln mit Dritten) Hilfe zu leisten.

Das alles geschah kurz nach der letzten Jahrhundertwende; die nächste liegt in unseren Tagen gar nicht mehr fern. (Hingegen liegt es mir fern, unsere Altvorderen dafür loben zu wollen. Ischa ungehörig). Nach 1933 wurden alle inzwischen auch andernorts geschaffenen öffentlichen Rechtsauskunftsstellen in die sogenannten "NS-Rechtsbetreuung" des "NS-Rechtswahrerbundes" übergeführt. "In welchem Maß und in welcher Art und Weise "Rechtshygiene" von 1933 bis 1945 ausgeübt wurde, muß in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben", hat Dr. Hannes Kaufmann, Leiter der ÖRA von Februar 1919 bis Juli 1927 und von Februar 1946 bis März 1959, in seiner Dokumentation "Rechtshygiene" (Dammtor-Verlag Hans Christians Hamburg, 1970) geschrieben.

Zurück zur Gegenwart:

Unseren Ratsuchenden möglichst handfest zu helfen (Rat und Tat, s.o.), ist und bleibt unsere Aufgabe. Im Güteverfahren gilt es, vermeidbare Auseinandersetzungen vor Gericht verhindern zu helfen und auf den Abschluß eines Vergleichs hinzuwirken. ÖRA-Vergleiche sind vollstreckbare Titel nach § 794 ZPO. Schließlich ist es auch Aufgabe der ÖRA-Vorsitzenden, die Sühneverfahren zu leiten.

Die damit verbundene Arbeit leistet die Hauptstelle der ÖRA (seit einigen Jahren im "eigenen" Haus, Dammtorwall 6) zusammen mit ihren 22 Bezirksstellen, die alle mit Beratern/Vorsitzenden besetzt sein müssen, und zwar die Hauptstellen von Montag bis Freitag, 08.00 Uhr - 13.00 Uhr, die Bezirksstellen jeweils an ein oder zwei Werktagen pro Woche in der Zeit von 17.00 Uhr bis 18.30 Uhr. Bezirksstellen gibt es in Hamburg-Mitte, Billstedt, Veddel-Rothenburgsort, Finkenwerder, Altona, Blankenese, Lurup, Eimsbüttel, Lokstedt, Stellingen, Eppendorf, Barmbek, Fuhlsbüttel (wir betreuen auch "Santa Fu"!), Wandsbek, Bramfeld, Alstertal, Walddörfer, Rahlstedt, Bergedorf, Harburg, Wilhelmsburg und Süderelbe.

Dafür brauchen wir SIE! Abweichendes gilt nur für RichterInnen, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, bei denen das soziale Engagement durch die sattsam bekannte freizeitorientierte Schonhaltung überlagert wird. Aber das gibt's bei uns ja nicht. Die ÖRA hofft deshalb auch auf - und bittet freundlich um - Kontaktaufnahme unter der Telefon-Nr. (3497) 3072.

Für die ehrenamtliche Mitarbeit der Vorsitzenden/Berater der ÖRA gibt's übrigens eine steuerfreie Aufwandsentschädigung von 40,-- DM pro Doppelstunde. Aber das nur als systemwidrige Schlußbemerkung von untergeordneter Bedeutung.

Bursch