Auch unter Freunden hat Klaus Senske wenig von sich gesprochen. Seiner Bescheidenheit entsprechend will ich auch hier keinen vollständigen Lebenslauf nachzeichnen.
Klaus Senske ist in Klein Machnow bei Berlin aufgewachsen. Von dort besuchte er die Schule in Westberlin. In der DDR gab es für ihn, weil er in Westberlin das Abitur gemacht hatte, keinen Studien- oder Ausbildungsplatz, sondern nur "Bewährung in der Produktion", das hieß: körperliche Schwerarbeit beim Umschlag von Baumaterial. Dem konnte er ein Ende machen, indem er zu Verwandten nach Schweden ging und nach einiger Zeit der Fabrikarbeit in die Bundesrepublik übersiedelte. Daß die DDR ihm den Schulbesuch in Westberlin nachträglich so sanktionierte, hat ihn in seinem Gerechtigkeitssinn tief verletzt. Diese Kränkung hat dazu beigetragen, daß er immer wieder für Menschen, denen Unrecht geschehen war oder die in Schwierigkeiten waren, eintrat, ohne nach Nachteilen für sich selber zu fragen, und daß er in zahlreichen Fällen unauffällig und verschwiegen aber wirksam half.
Klaus Senske war ein Mann, der Zuverlässigkeit, Aufrichtigkeit, Genauigkeit und solide Arbeit, überhaupt im guten Sinne preußische Tugenden, hochhielt und Denkfaulheit, Geschwätz, Opportunismus und die "stromlinienförmigen Juristen" gar nicht mochte. So hart er über solche Verhaltensweisen urteilen konnte: er konnte über seinen und anderer Schatten springen, wenn jemand in Druck, und sei es auch selbstverschuldet, war.
Seit 1963 war er am Amtsgericht als Richter tätig, davon 1967 bis 1970 als Vorsitzender der Konkursabteilung, für diesen schwierigen Bereich in ungewöhnlich jungen Jahren. Seine durchdachten Überlegungen zu einer "Hamburger Insolvenzpraxis", seine exakte juristische Arbeit und sein wirtschaftliches Verständnis verschafften ihm bald hohe Anerkennung bei Konkursverwaltern, Rechtsanwälten, der Handelskammer und den ausgesuchten Rechtspflegern der Abteilung für Konkurs- und Zwangsversteigerungssachen.
Dann folgten von 1971 bis 1979 Jahre der Tätigkeit im 9. Zivilsenat des OLG und daneben zu zwei Dritteln als Referendarvater. Wahrhaft väterlich bemühte er sich in dieser Zeit vor allem um die Problemkinder unter den Referendaren: mahnend, aber auch Mut machend und helfend. Auch hier hatte er Gelegenheit, durch Fürsprache in Fettnäpfchen zu treten, und ging in seiner aufrechten Art keiner Schwierigkeit beim Aussprechen der Wahrheit aus dem Wege.
Seit dem 7. Mai 1979 war er Vorsitzender der Zivilkammer 13 mit vielfältigen zusätzlichen Aufgaben: Mitglied des Präsidialrates, Prüfer im gemeinsamen Prüfungsamt, Vorsitzender der ÖRA, Ausbildungskammer der einstufigen Juristenausbildung, Ausbilder von zahlreichen Examenswiederholern unter den Referendaren, Koordinator für die praktische Ausbildung in der Zivil- und Strafrechtspflege der einstufigen Juristenausbildung. Auch in dieser Zeit war immer wieder er es, der Mißstände beim Namen nannte und zu ändern versuchte, der sich aber nie versagte, wenn ein Kollege in Schwierigkeiten war oder wenn ein Ausbilder für einen besonders angeschlagenen Referendar gesucht wurde.
Bei aller Belastung war er seiner Frau, seinen 4 Kindern und seinen Enkelkindern immer verständnisvoll, geduldig und fürsorglich zugewandt. Wegen einer schlimmen Krankheit ging er schweren Herzens zum 31.03.1993 in den Ruhestand.
Wir haben einen treuen Freund, einen ungewöhnlich hilfsbereiten und aufrechten Menschen, der daneben ein vorzüglicher Richter war, verloren. Viele haben Anlaß, mit uns zu trauern.
Gerd Ross