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Schwedisches
Tafelsilber

Die Sache liegt lange zurück. Im Mai/Juni 1981 war eine 15köpfige Delegation des Hamburgischen Richtervereins bei schwedischen Kolleginnen und Kollegen zu Gast. Nach unserem Eintreffen per Nachtzug in Stockholm waren wir abends zu einem ersten Kennenlernen in die wirklich herrschaftlich eingerichtete Wohnung eines unserer Gastgeber, den Namen habe ich leider vergessen, eingeladen. Es herrschte, wie überhaupt während der gesamten Schwedenwoche, eine überaus gehobene Stimmung, und natürlich wurde auch manches Glas Wein getrunken. Sehr ausgelassen verließen wir zu später Stunde das Haus.

Am nächsten Tag fand der offizielle Empfang statt. Wo genau das war, weiß ich nicht mehr, es mag im Oberlandesgericht (Svea Hovrätt) oder sogar im Obersten Gerichtshof (Högsta domstolen) gewesen sein. Jedenfalls war jeder, der in Stockholms Justiz Rang und Namen hatte, geladen worden, und selbstverständlich waren auch wir Hamburger vollzählig vertreten.

Es wurden viele würdige Reden gehalten, und auch Dr. Makowka erhob sich zu einer Ansprache. Er bedankte sich für die Einladung, die herzliche Aufnahme, beschwor die deutsch-schwedische Freundschaft. Zum Schluß muß ihn im Überschwang des Beifalls, den er mit einigen sehr launigen Bemerkungen geerntet hatte, der Teufel geritten haben, denn er zog aus seiner Jacke einige Stücke Tafelsiber, die er am Abend zuvor bei unserem liebenswürdigen Gastgeber, für alle unbemerkt, eingesteckt hatte. Diese gab er ihm nunmehr vor versammeltem Publikum "als Gastgeschenk" zurück. Es war wirklich Silber, und es waren wirklich mehrere Stücke.

In das daraufhin allseits einsetzende prustende Lachen hinein fragte mich mein Nachbar, ein hoher schwedischer Justizbeamter, der den Redebeitrag anscheinend mißverstanden hatte, hinter vorgehaltener Hand im Flüsterton: "Sagen Sie, ist der Herr dort wirklich Ihr Präsident?"

Die Geschichte liegt lange zurück, ich kann daher für ihre Details nicht bis ins letzte garantieren. Für ihren Kern aber übernehme ich die Verantwortung. Ich gebe sie, Roland wird mir sicherlich verzeihen, anläßlich seiner Verabschiedung hier coram publico zum besten, weil sie, wie ich finde, über ihn mehr auszusagen vermag als viele wohlgesetzte Worte.

Helmut Münzber