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Fliegender Wechsel

Mit dem Ende der rot-grauen Kooperation zeichnete sich ein Wechsel im Justizressort ab. So kam es dann auch: Prof. Dr. Hoffmann-Riem kehrt zu Lehre, Forschung und Wissenschaft zurück.

Prof. Hoffmann-Riem hat sich in den letzten zwei Jahren mit erstaunlicher Energie für Reform und Veränderung in der Justiz eingesetzt. Dabei wird sein Name mit dem Reformprojekt "Justiz 2000" fest verbunden bleiben. Zu den eindrucksvollen Erlebnissen gehört für mich, daß Prof. Hoffmann-Riem konsequent zu seinen Auffassungen stand, fernab jedweden politischen Opportunismus. Das ist angesichts einer politischen Szene, in der Grundsätze nicht zu dem selbstverständlichen Repertoire gehören, bemerkenswert. Prof. Hoffmann-Riem hat mehrfach - auch bei Haushaltsbeschlüssen - widersprochen, wenn er die Interessen der Justiz nicht hinreichend berücksichtigt glaubte, und damit sicherlich nicht nur politische Freunde gewonnen. Für seinen Einsatz "in Sachen Justiz" haben wir an dieser Stelle Prof. Hoffmann-Riem zu danken.

Die Gerüchtebörse brodelte. Es wurden viele Namen als Nachfolger/Nachfolgerin gehandelt. Dann die Sensation, mit der keiner gerechnet hatte: Dr. Lore Maria Peschel-Gutzeit, Justizsenatorin in Berlin, kehrt nach Hamburg zurück. Frau Dr. Peschel-Gutzeit ist uns allen vertraut und bestens bekannt: Früher Kollegin, dann von 1991 - 1993 Justizsenatorin in Hamburg. In der Ausgabe der "DIE WELT" vom 12.11.1997 ist ein Interview abgedruckt, das in einer Passage wie folgt lautet:

"WELT: Was sagen Sie zu dem Vorwurf, die Justiz in Hamburg sei nicht nur zu langsam, sondern auch zu lasch und zu lau?

Peschel-Gutzeit: Niemand hat das Recht, die Richter und die Gerichte pauschal zu diskriminieren. Das ist ganz und gar ungerecht. Die Gerichte sind fast alle heillos überlastet, und die allermeisten Richter erledigen Hundert von Fällen mehr als noch vor wenigen Jahren. Trotzdem muß man etwas tun, um die Arbeit zu effektuieren."

Dies sind Töne, wie wir sie bereits seit längerer Zeit nicht mehr aus der politischen Arena gehört haben. Ein vielversprechender Auftakt, eine Grundlage für gute Zusammenarbeit. Wir wünschen der neuen Justizsenatorin Glück und Erfolg und sagen - einer guten alten Tradition des Hamburgischen Richtervereins folgend - unsere Unterstützung zu.

Das ablaufende Jahr war für den Hamburgischen Richterverein durch Spannungen geprägt, wie ich sie bislang noch nicht erlebt habe: Meinungsfreiheit, Kritikfähigkeit, richterliche Unabhängigkeit, Kollegialität u.ä. waren die Schlagworte. Ich werde in der nächsten Mitgliederversammlung zu diesem Thema referieren.

Doch zunächst einmal: Ich wünsche allen Kolleginnen und Kollegen ein frohes und friedliches Weihnachtsfest und ein neues Jahr mit Gesundheit, Zufriedenheit und Erfolg.

Ihr
Heiko Raabe