(Dieser Artikel ist veröffentlicht in MHR 2/11, 13) < home RiV >

Chodorkowski und der Westen

 

 

Die öffentliche Empörung

Michail Borissowitsch Chodorkowski ist wieder in aller Munde, nachdem im Mai 2011 das im Wesentlichen bestätigende Berufungsurteil zum zweiten Moskauer Strafprozess erging und wenige Tage darauf eine Menschenrechtsbeschwerde Chodorkowskis zum ersten Strafprozess vom EGMR beschieden wurde. Und wie schon bei den vorherigen Urteilen gegen Chodorkowski wurde das Berufungsurteil von der westlichen Welt einschließlich der Deutschen Bundesregierung und den Bundestagsfraktionen der Parteien unisono als rechtsstaatswidrig und politisch beeinflusst gebrandmarkt; oftmals werden dabei Bewertungen des ersten Verfahrens unbesehen auf das zweite Verfahren übertragen.

Die westlichen Politiker dürfen nach Gutdünken Vorgaben machen, wie ein Urteil in Russland auszufallen hat. Doch wenn Putin öffentlich auch nur sagt, er halte das Verhalten des Oligarchen Chodorkowskis für Diebstahl, dann ist das eine unzulässige politische Einflussnahme auf das Gericht (wegen Diebstahls wurde Chodorkowski trotzdem nicht verurteilt,  aber u.a.  wegen Veruntreuung). Wenn Putin das Urteil beeinflussen wollte, dann hat er dafür mit Sicherheit effizientere Mittel als eine beiläufige öffentliche Bemerkung. Zwar steht die russische Verwaltung insbesondere bei den EU-Institutionen in dem Ruf, von ihren faktischen Möglichkeiten zur Beeinflussung von Richtern auch Gebrauch zu machen. Doch hat sie dies in diesem zweiten Strafprozess gegenüber dem Richter (nicht „nur“ gegenüber der StA) getan? Eine politische Beeinflussung des ersten Strafprozesses sah der EGMR in seinem letzten Urteil vom 31.05.2011 als nicht bewiesen an[1].

 

Die Öffentlichkeitsarbeit

Viele von der Presse übermittelten Vorwürfe gegen Russland betreffend Chodorkowki sind nur halbkonkret und stützen sich dann auch noch auf Angaben der Strafverteidiger Chodorkowskis. Würde man die deutsche Justiz danach beurteilen, was hier Strafverteidiger in den Verfahren ihrer Mandanten sagen, dann müsste man die deutsche Justiz einstampfen. Auch die NGO’s stützen ihre Kritik oft auf Angaben der Strafverteidiger Chodorkowskis, wobei teilweise auch noch persönliche Verwobenheiten der Menschenrechtler zur Strafverteidigung[2] und zu Chodorkowski[3] hinzukommen.

Chodorkowski selber bleibt trotz seiner Inhaftierung auch nicht untätig, sondern setzt alle Hebel in Bewegung, um die Welt in seinem Sinne zu informieren. Seine Strafverteidiger geben laufend Interviews, betreiben eine englischsprachige Internetseite, halten im Westen Vorträge und schreiben Artikel – auch in der Deutschen Richterzeitung[4]. Seine Verwandten (insbesondere seine Ehefrau, seine Mutter und sein Sohn) suchen den Kontakt zur westlichen Politik und stehen den Westmedien ständig zur Verfügung. Der Vorsitzende des Europaparlaments (damals der Deutsche Pöttering) empfing 2008 die Mutter. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion lud Mutter und Sohn im Februar 2011 ein. Die Mutter machte bei der Urteilsverkündung Rabbatz im Gerichtssaal (s.u.). Chodorkowski selber machte im Gefängnis einen Hungerstreik und schrieb ein Buch[5], das im Mai in Kultursendungen des Deutschen Fernsehens vorgestellt, von seinem Sohn präsentiert und von der Ehefrau in Dresden vorgelesen wurde. Auf der Berlinale wurde eine von der Bundesregierung finanziell geförderte 100-Minuten-Doku über Chodorkowski gezeigt. Politiker wurden als Berater angeworben; so war der inzwischen verstorbene Otto Graf Lambsdorff, der zugunsten Chodorkowski Interviews gab, Berater der Bank Chodorkowskis[6].

PR-Berater hatte Chodorkowski nicht nur in Moskau, sondern auch im Westen, insbesondere APCO worldwide. „Litigation-PR“ gibt es halt nicht nur im Westen[7]. Und diese Art der Öffentlichkeitsarbeit dürfte mit einer der Gründe sein, warum gerade Chodorkowski als Oligarch von den Medien zum Helden der Menschenrechtler erhoben wird.

Ein Oligarch als Menschenrechtsheld?

Zum Beispiel überreichte im Dezember 2010 der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning (FDP), einen an Chodorkowski verliehenen Menschenrechtspreis[8] an dessen Mutter; Chodorkowski sei international zum Symbol für die fehlende Unabhängigkeit der Justiz in Russland geworden.

Es gibt so viele Menschen, die ungerecht behandelt werden, auch in Russland. Warum fixieren sich Menschenrechtler gerade auf einen Milliardär, der dem russischen Gemeinwesen ungeheuren Schaden durch Selbstbereicherung zugefügt hat und von dem selbst westliche Fondsmanger schon vor 2003 sagten: „Er war der größte aller Abzocker"?[9] Chodorkowski selbst spricht vom Gesetz des Dschungels, das er ausgenutzt habe[10].

Damit ist nicht nur der Sachverhalt gemeint, der Gegenstand der Strafprozesse war (krumme Geschäfte nach Erwerb von Jukos). Vielmehr hat sich Chodorkowski das Energie-Unternehmen Jukos (vor allem Öl und Gas) bereits zu billig aus dem Staatsvermögen verschafft. Er hatte Jukos, das im Jahre 2003 eine Börsenkapitalisierung von 45 Mrd. $ aufwies, zuvor im Jahre 1995/96 für 309 Mio. $ über seine Gesellschaften erworben, obwohl es bereits damals trotz seiner Schulden Millarden wert gewesen sein soll[11] (Zugang zu den größten Erdölreserven Russlands). Chodorkowski war unter Jelzin zeitweise als stellvertretender Energieminister und (bis 1994) als Mitglied des Rats für Industriepolitik bei der russischen Regierung an den Entscheidungen zur Privatisierung im Energiesektor beteiligt[12] und führte sodann durch seine eigene Bank die Auktion betreffend Jukos, in der seine Gesellschaft den Zuschlag bekam, selbst durch unter Ausschluss anderer Bieter; die sollen bei der Angebotsabgabe formale Fehler begangen haben. Um Ruhe für seine Geschäfte zu haben, hat Chodorkowski sich nach eigenem Bekunden[13] in einem Gespräch mit Putin im Jahre 2000 verpflichtet, sich aus der Politik herauszuhalten, und meinte später lediglich, diese Abmachung habe er ja nur für Jukos und nicht für sich persönlich getroffen.

Über einen Strafprozess gegen einen solchen Mann regt sich die russische Bevölkerung selbst nicht auf[14] – entgegen dem vom Westfernsehen durch das Zeigen von ein paar Demonstranten vor dem Gerichtsgebäude erweckten Eindruck.

 

Die Interessen des Westens

Dass die Wahrnehmung im Westen eine andere ist, liegt nicht allein an der Öffentlichkeitsarbeit von Chodorkowski. Es kommt hinzu, dass Chodorkowski im Westen vor seiner Inhaftierung bestens vernetzt war.

Zum Beispiel hat Chodorkowski die Sympathien der deutschen FDP, weil er die beiden russischen liberalen Parteien (Jabloko und "Union der Rechten Kräfte" - SPS) offen finanziell unterstützte[15]. Als die russischen Liberalen bei den Wahlen 2003 scheiterten, erklärte die deutsche FDP: „Wir müssen aus Deutschland ... versuchen, unsere Freunde in Russland dabei - soweit das möglich ist - zu unterstützen."[16]

Von daher ist die bereits erwähnte Beratereigenschaft Otto Graf Lambsdorffs nicht inkonsequent. Und es ist deshalb auch nicht erstaunlich, dass die FDP-nahe Friedrich-Naumann-Stiftung, deren Vorsitzender von 1995-2006 der Chodorkowski-Berater Otto Graf Lambsdorff war, Chodorkowski verteidigt, insbesondere im bereits erwähnten Heft der Deutschen Richterzeitung[17]. Dass aber der Europarat[18] mit Frau Leutheusser-Schnarrenberger eine Quasi-Partei-Freundin ausgerechnet zur Berichterstatterin im Chodorkowski-Fall gemacht hatte[19], zeugt nicht gerade von Fingerspitzengefühl[20].

Weitere Verbindungen hatte Chodorkowski durch seine Stiftung "Offenes Russland“. In ihr war sogar Henry Kissinger Stiftungsratsmitglied. Und laut FAZ (09.07.2004) soll Chodorkowski mit George Bush Senior und dem ehemaligen Außenminister James Baker Kontakt gepflegt haben und dreistellige Millionensummen für amerikanische Stiftungen gespendet haben.

 

Diese Westverbindungen waren keine Wichtigtuerei, sondern hatten einen wirtschaftsstrategischen Hintergrund:

„Eine ganze Reihe Amerikaner zogen ins oberste Management (scil.: von Jukos) ein; Teile des Konzerns wurden bereits aus New Yorker Büros geführt. Im Frühjahr 2003 schickte Chodorkowski sich an, große Teile seines Imperiums an die US-Öl-Multis Chevron, Exxon, Texaco zu verkaufen. Es ging um eine bis zu 50% Übernahme. Bestandteil der Verhandlungen war auch der Bau eines eigenen Pipeline-Netzes, mit dem das staatliche russische Monopol über die Ölpipeline gebrochen werden sollte, um das Öl am russischen Fiskus vorbei auf den Weltmarkt lenken zu können. Hinzu kam die Einrichtung einer Reihe von ausgelagerten Offshore-Niederlassungen im Ausland, die dem gleichen Zweck dienten. Gigantische Kapitalmengen verließen auf diese Weise das Land. Der Verkauf hätte den Konzern dem Zugriff des russischen Staates faktisch entzogen.“[21]

Das erklärt das Interesse westlicher Regierungschefs an Chodorkowski[22] plausibler als die Aufregung über die Verletzung seiner Menschrechte.

Die Ölinteressen (hier: Russlands) begründen allerdings umgekehrt auch ein starkes wirtschaftliches Motiv für eine politische Initiierung (!) der Strafprozesse durch Putin, um den Zugriff auf das russische Öl zu behalten.[23] Dieses wirtschaftsstrategische Interesse Putins an einer Strafverfolgung Chodorkowskis dürfte auch um Längen größer sein als der Ärger Putins über Chodorkowskis Unterstützung oppositioneller liberaler Parteien in Russland, die im Dezember 2003 ohnehin an der 5%-Klausel scheiterten[24]; 2007 erhielt Jabloko nur noch 1,6%.

 

 

Differenzierungen

 

Zurück zum Gegenstand der öffentlichen Aufregung. Dabei werden oft mehrere voneinander zu trennende Fragestellungen miteinander vermischt:

· War die Art der Ergreifung und Gefangenhaltung Chodorkowskis menschenrechtswidrig?

·  War die Entscheidung der russischen StA, nur Chodorkowski (nebst seinem Umfeld) und nicht alle Oligarchen anzuklagen, rechtlich zu missbilligen?

·       War das Gericht unabhängig?

·       Hat das Gericht das russische Verfahrens- und Sachrecht richtig angewandt?

·   Ist das russische Recht rechtsstaatswidrig oder menschenrechtswidrig oder wurde es in solcher Weise angewandt?

Eine Vermischung dieser Fragen ist unzulässig:

·     So wäre der russische Richter nicht schon deshalb nicht unabhängig, wenn die Ermittlungsbehörden aus politischen Gründen zur Anklagevorbereitung angewiesen worden sein sollten.

· Evtl. martialische Verhaftungs- und Haftbedingungen sind entsprechend den Feststellungen des EGMR[25] menschenrechtswidrig und daher zu verurteilen[26], besagen aber noch nichts darüber, ob ein Angeklagter unschuldig ist.

·    Dass andere Personen, die Ähnliches getan haben, nicht verfolgt werden, mag Ausdruck politischer Willkür sein, besagt aber nicht, dass man einen Straftäter laufen lassen muss, sondern dass auch die Übrigen bestraft werden müssten.

 

 

Verfahrensbeobachter

 

Das dt. Außenministerium ließ verlauten:

„Die Bundesregierung … hat den Prozess über die Deutsche Botschaft in Moskau sowie durch Prozessteilnahmen des Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung, Markus Löning, und des Russlandbeauftragten der Bundesregierung, Andreas Schockenhoff, intensiv verfolgt. Parlamentarier aller Fraktionen des Bundestags haben ebenfalls dem Prozess beigewohnt.[27]

Damit dürfte zumindest der in der Presse erhobene – ohnehin etwas abstruse - Vorwurf, der russische Richter Wiktor Danilkin habe versucht, durch Terminierung in die Weihnachtszeit das Interesse der Öffentlichkeit zu verringern, relativiert zu sein. Zudem scheint die Wahrnehmung mancher jener Prozessbeobachter etwas einseitig zu sein. So berichtete die grüne Bundestagsabgeordnete Beck, die bei der Anklageverlesung mit einer Dolmetscherin dabei war:

„Chodorkowskis Anwälte und seine Mutter haben mich mit in den Gerichtssaal genommen. Ich kenne Chodorkowski gut und lange. Im Saal stehen Wächter wie bellende Hunde. Jeder, der einen Mucks von sich gibt, wird des Saales verwiesen. Auch Chodorkowskis Ehefrau musste wegen irgendwelcher fadenscheinigen Vorwürfe den Gerichtssaal inzwischen verlassen.“[28]

Abgesehen davon, dass man nicht weiß, was Frau Beck als „Mucks“ und „fadenscheinige Vorwürfe“ ansieht (beispielsweise schrie bei der Urteilsverkündung Chodorkowskis Mutter den Richter an: "Du und deine Familie seien verflucht!"[29]), berichtet der einer Parteinahme für die Justiz unverdächtige SPIEGEL: Der den Prozess führende Richter Danilkin habe während des 20-monatigen Verfahrens einen objektiven Eindruck gemacht und oft gemeinsam mit der Verteidigung und den Schaulustigen im Saal über Patzer der Staatsanwaltschaft gelacht.[30] Weitere Zeitungen berichten, Danilkin habe den Prozess von der Form her besser geführt als seine Kollegin Irina Kolesnikowa den Vorgängerprozess[31], was selbst Chodorkowski-Verteidiger konzedierten. Während der Verhandlungen wurden diese live in einen speziell für die Presse eingerichteten Saal übertragen.[32] Während der Urteilsverkündung hätten nur einmal zwei der sechs Verteidiger seinen „Zorn“ auf sich gezogen, als sie sich unterhielten; "Geht es auch leiser?", habe Danilkin daraufhin gefragt.[33] Auch solche scheinbaren Banalitäten haben Relevanz als Indizien dafür, dass hier kein Hauruck-Prozess in martialischer Weise übers Knie gebrochen wurde. Der von Danilkin geführte Prozess hatte 280 Verhandlungstage, 210 Ordner mit Akten, 81 vernommene Zeugen (davon 29 Zeugen der Verteidigung) und über 600 Seiten Urteil.

Die Wahrnehmung westlicher Medien ist auch insoweit einseitig, als nicht auch dort darüber berichtet wird, dass im April 2011 das Oberste Gericht Russlands die Verlängerung der U-Haft von Chodorkowski und Lebedjew durch Danilkin für die Zeit von August bis Dezember 2010 wegen Verstoßes gegen ein von Medwedew initiiertes Gesetz als unrechtmäßig erklärt hat[34].

 

 

Selektive Rechtsanwendung

und die Staatsanwaltschaft

                    

Da von den Oligarchen nur Chodorkowski und seine Partner/Gehilfen verfolgt werden, scheint der Vorwurf selektiver Rechtsanwendung (dies machte z.B. der US-Präsident Obama zum Hauptgegenstand seiner Vorwürfe) zuzutreffen[35]. Dieser Vorwurf ist jedoch weniger dem Gericht als den Strafverfolgungsbehörden zu machen.

Ein Gericht hat nur den angeklagten Gegenstand zu beurteilen und nicht auch andere Straftaten Dritter. Es gibt keine Gleichbehandlung im Unrecht. Irgendein Verfahrenshindernis würde auch nach deutschen[36] Maßstäben nicht bestehen, denn es ist ja auch nicht so, dass derartige Straftaten in Russland überhaupt nicht verfolgt werden; auf unterer Täterebene findet eine Verfolgung von Unterschlagungen, Untreue und ähnlichen Delikten durchaus statt. Vielmehr werden in der Praxis nur die Oligarchen und Ähnliche davon ausgenommen und lediglich diese - rechtswidrige - Privilegierung kam Chodorkowski nicht mehr zugute.

Selektive Rechtsanwendung kommt auch in Deutschland vor[37], vor allem im Verwaltungsrecht. Die Nichtverfolgung einer Vielzahl von Rechtsverstößen kann viele Gründe haben (z.B. begrenzte Ressourcen, Opportunitätsprinzip, intensive Einstellungspraxis, öffentliches Interesse) und ist daher nicht in jedem Falle verwerflich. Sie kann aber eben auch auf einem nicht hinnehmbaren missbräuchlichen Einsatz des Rechts zur Erreichung politischer Ziele beruhen. Dass ein solcher Einsatz im Falle Chodorkowskis trotz der EGMR-Entscheidung vom 31.05.2011 auf der Hand liegt, wird indiziert durch die oben beschriebenen wirtschaftsstrategischen und politischen Interessen der russischen Regierung i.V.m. dem Zeitpunkt der Verfolgung (genau dann, als Chodorkowski durch die Art der Verlagerung der Steuerung seines Konzerns ins Ausland im Begriff stand, unumkehrbare Fakten zu schaffen). Hinzu kommt die Einbettung der Strafprozesse in ein ganzes Sammelsurium sonstiger „Angriffe“ Russlands auf Chodorkowskis Gesellschaften.[38]

Will man einen politischen Missbrauch der Strafverfolgung vermeiden, so muss das Legalitätsprinzip – also die gesetzliche Pflicht, Straftaten zu verfolgen – gelten. Dies allein reicht jedoch nicht aus, denn ob etwas eine Straftat ist, dafür kann es sehr unterschiedliche Prüfungsdichten und Ansichten zwischen Minister und Behörde geben. Erforderlich ist deshalb daneben eine Unabhängigkeit der Strafverfolgungsbehörden, die wir noch nicht einmal in Deutschland haben. Dabei sind drei Ebenen zu unterscheiden:

· das sog. interne Weisungsrecht des vorgesetzten StA gegenüber dem untergebenen StA,

·    das sog. externe Weisungsrecht des Justizministers gegenüber der StA-Spitze (das auch gegenüber einem beamteten Generalstaatsanwalt gilt),

·   der politische Generalstaatsanwalt, der vom Justizminister ohne Angabe von Gründen abgesetzt werden kann.

Sogar der politische Generalstaatsanwalt war in Deutschland bis zum 01.01.2010[39] in deutschen Bundesländern institutionalisiert (nun ist in der StA nur noch der Generalbundesanwalt „politischer Beamter" i.S.d. § 54 BBeamtG). Der DRB hatte die Abschaffung des politischen Beamten in den StA‘en der Länder mit folgender Begründung gefordert[40]:

„Sind Staatsanwälte bei strafrechtlichen Ermittlungsverfahren von der Politik gesteuert und als Instrument zur Durchsetzung politischer Ziele benutzt worden? Immer wieder ist in der Vergangenheit dieser Verdacht unverhohlen geäußert worden und beschädigte - ob begründet oder nicht - das Ansehen der Justiz. Muss sich etwa die Verfügung eines Staatsanwalts dem Verdacht politischer Einflussnahme ausgesetzt sehen, schwindet die rehabilitierende Wirkung der Einstellung von Ermittlungsverfahren gegen Personen, die der Politik nahe stehen. Und umgekehrt kann dem Ermittlungsverfahren gegen eine missliebige Person entgegengehalten werden, es beruhe nicht auf rechtlichen Erwägungen, sondern werde von der Politik gesteuert. Bereits der böse Anschein, die Politik instrumentalisiere die Justiz für ihre Zwecke, ist geeignet, das Vertrauen sowohl in die Unvoreingenommenheit und Unabhängigkeit der Strafrechtspflege als auch in die Politik zu untergraben.“

Doch auch nach der Abschaffung des politischen Generals bleibt es beim Weisungsrecht nach § 146 GVG und – als dessen Bestandteil – bei der Berichtspflicht, ohne dass Deutschland deshalb als Unrechtsstaat gilt. Viel hängt davon ab, wie sich der Einzelne in einer solchen Hierarchie verhält: Übt der Vorgesetzte das Weisungsrecht mit Umsicht aus? Hat der Nachgeordnete hinreichendes Rückgrat, um vorauseilenden Gehorsam zu vermeiden?

In Russland dürfte diese innerbehördliche Atmosphäre sicherlich eine andere als in Deutschland sein, selbst wenn Deutschland keine institutionellen Sicherungen hierfür hat. Anders in Italien: hier gab es bislang kein externes Weisungsrecht; Berlusconi konnte deshalb wenig gegen die Ermittlungen gegen ihn tun und drängt auf eine Reform des StA-Status. Leutheusser-Schnarrenberger forderte in ihrem zweiten Bericht auch für Deutschland die Abschaffung des externen Weisungsrechts des Justizministers.

 

Doch alle Weisungsunabhängigkeit reicht nicht aus, wenn nicht auch für die Personalauswahl Sorge getroffen wird, wie wiederum Russland zeigt. 2007 ordnete Putin – damals noch Präsident - die Einrichtung einer neuen Ermittlungsbehörde[41] an, die 18.000 Mitarbeiter haben soll. Sie darf selbstständig Verfahren einleiten und auch gegen Personen mit besonderem Status ermitteln, wie Parlamentsabgeordnete oder Kandidaten für Duma und Präsidentenamt aber auch gegen Richter und Staatsanwälte.[42] Die neue Behörde wurde zwar formal der Generalstaatsanwaltschaft angegliedert, arbeitet aber selbstständig. Die Generalstaatsanwaltschaft verliert dadurch das Recht, selber zu ermitteln. Putin erhielt dadurch Einfluss auf die Strafverfolgung auch für die Zeit nach seinem Ausscheiden aus dem Amt, denn Chef der neuen Behörde wurde mit Aleksandr Bastrykin ein Studienfreund Putins. Medwedjew segnete das in 2010 ab.

 

 

Der Richter

 

Kommen wir nun zum russischen Richter des zweiten Strafprozesses, Viktor Danilkin. Nach Angaben der Journalistin Inna Hartwich machte er eine typische Beamtenkarriere: Er besuchte die Höhere Miliz-/Polizeischule, wurde in der Bezirksverwaltung zunächst Ermittler - Schwerpunkt Verkehrsunfälle - dann Vize-Abteilungsleiter; im Juli 2000 wurde er zum Richter befördert; als Richter habe er kleinere Diebstähle verhandelt; er gelte als höflich und ruhig, als einer, der sich selten einmischt.[43] Selbst Chodorkowski äußerte, Danilkin sei offensichtlich ein anständiger Mensch und habe „Anzeichen eines Gewissens“ und sogar Verständnis gezeigt[44].

Hinsichtlich seiner Führung des Chodorkowki-Verfahrens wurde bereits oben im Abschnitt „Verfahrensbeobachter“ einiges ausgeführt. Hinsichtlich möglicher Motive für eine Einflussnahme der Verwaltung wurde ebenfalls bereits oben ausgeführt. Hinsichtlich tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Einflussnahme ist auf folgende Nachricht einzugehen:

 

Natalja Wassiljewa - Pressereferentin am Gericht Danilkins (beide auf dem Foto) - behauptet,  Inhalte des Urteils seien Danilkin vorgeschrieben worden. Ihre Vorwürfe wurden in einer russischen Zeitung näher ausgeführt[45] und durch einen weiteren Mitarbeiter jenes Gerichts, Igor Krawtschenko, bestätigt.[46] Im Ergebnis laufen die Berichte der beiden Gerichtsmitarbeiter darauf hinaus, dass Danilkin einmal pro Woche im Moskauer Stadtgericht habe vorstellig werden müssen, um dort Instruktionen zum Chodorkowski-Verfahren im Empfang zu nehmen. Die Präsidentin des Moskauer Stadtgerichts (Olga Jegorowa bzw. Egorova) war zuvor ähnlich schon mit anderen Richtern umgegangen, wie Frau Leutheusser-Schnarrenberger in ihren beiden Berichten beschreibt.[47] Die WELT vom 02.03.2011 verbreitete, der Ehemann von Frau Jegorowa arbeite für den Geheimdienst FSB und Frau Jegorowa selbst habe „Verbindungen zu Putins Machtstruktur“.

Nach neuesten Nachrichten vom 07.06.2011 hat die russische Ermittlungsbehörde die Äußerungen von Wassiljewa zum Anlass genommen, Ermittlungen gegen Danilkin einzuleiten.

Stutzig macht deshalb weniger, dass Danilkin selber im russischen Fernsehen Fremdeinflüsse dementierte, als dass selbst Juri Schmidt, einer der Anwälte Chodorkowskis, „vermutet, dass sich Wassiljewa mit ihrer Behauptung verzettelt, das Urteil sei im Moskauer Stadtgericht geschrieben worden. Wahrscheinlicher sei, dass das Urteil dort geprüft wurde. Das verstößt zwar gegen das Gesetz, hat sich aber zu Sowjetzeiten etabliert.“[48]

Doch warten wir ab, was die Ermittlungen gegen Danilkin – die das vom Putin-Freund geleitete Ermittlungskomitee führt - ergeben werden. Selbst wenn Danilkin keine Weisungen empfangen und umgesetzt haben sollte, würde dies noch nichts über den generellen diesbezüglichen Zustand des russischen Gerichtswesens aussagen.

Hierzu hat Leutheusser-Schnarrenberger vor allem im zweiten Bericht nach weiteren umfangreichen Gesprächen[49] lesenswerte Feststellungen getroffen, die umso wichtiger sind, als frühere Erkenntnisse insbesondere von deutschen Rechtsinstituten infolge von Veränderungen in Russland oftmals überholt sind. So wird in dem Bericht (Rn. 79) einerseits erkannt, die „institutionelle Struktur nimmt sich recht fortschrittlich aus, auch im direkten Vergleich mit … Deutschland“. Andererseits stellt der Bericht Mängel in der Rechtswirklichkeit fest[50]. Insbesondere laufen unabhängige Richter demnach ein hohes Risiko, ihre Stelle zu verlieren oder drangsaliert zu werden (z.B. über die Geschäftsverteilung), was dazu führe, dass Richter oft von sich aus telefonisch Instruktionen erbitten (Rn. 83).

Neben verstärkter Umsetzung der Theorie in die Praxis wird es deshalb darauf ankommen, das Bewusstsein und den Unabhängigkeitswillen der russischen Richter und der Gerichtsleitungen in richtiger Weise zu schärfen.[51] In 2003 hat die EU Mittel dafür bewilligt, „dass der gesamte Katalog der Justizreformen allen Richtern in Russland so rasch wie möglich vermittelt wird".[52] Für das Projekt „Unterstützung der Justizreform” wurde Russland von der Weltbank ein Darlehen von 50 Mio. $ gewährt.[53] Die EU stellt eine Unterstützung für „Anti-Korruptionsmaßnahmen“ in Russland und für die Reform des russischen Justizsystems im Allgemeinen bereit.[54] 

Und so fanden in Russland zur Korruptionsbekämpfung und Unabhängigkeitsstärkung u.a. auch beträchtliche Gehaltserhöhungen für die Richter statt, so dass nunmehr russische Richter fast dreimal soviel verdienen wie ihre deutschen Berufskollegen im Vergleich mit den mittleren Arbeitnehmereinkommen[55].

 

Das verdient noch einmal gesondert festgehalten zu werden:

Einem Staat mit riesigen Gas- und Ölreserven, in dem die Öl-Milliarden von Leuten wie Chodorkowski beiseite geschafft wurden, mitfinanziert der deutsche Steuerzahler über die EU mittelbar[56] ein russisches Richtergehaltsniveau, das drastisch über dem deutschen Niveau liegt, während deutschen Richtern, die ohnehin schon am unteren Ende des europäischen Richtergehaltsniveaus liegen, die Gehälter gekürzt werden (Weihnachtsgeld); und dann pickt sich die deutsche Bundesregierung auch noch gerade Chodorkowski zur Menschenrechtspreisübergabe heraus.

 

Das Urteil

 

Zurück zum Fall Chodorkowski. Ein Indiz für die Fremdgesteuertheit des Richters Danilkin wird in der angeblichen Vielzahl handwerklicher Fehler von Danilkin gesehen. Das ist schwer zu überprüfen, denn eine deutsche Übersetzung des über 600seitigen Urteils habe ich nicht gefunden.

Russische Rechtswissenschaftler sowie Experten, die vom Rat zur Förderung der Zivilgesellschaft und der Menschenrechte beim Präsidenten Russlands eingeladen wurden, haben begonnen, Gutachten zum zweiten Fall Chodorkowski zu erstellen.[57] Doch wer wird von der Unabhängigkeit des Gutachtens schon überzeugt sein.

In deutscher Sprache juristisch am detailliertesten ist eine Abhandlung von Prof. Luchterhandt.[58] Er weist darauf hin, dass Chodorkowski entgegen landläufiger Meinung nicht wegen – allerdings angeklagten - Diebstahls des Öls verurteilt worden ist. Alle hämischen Urteilskritiken, wonach es doch unmöglich sei, so viel Öl zu stehlen, entbehren schon deshalb jeder Grundlage. Die oft recht unsachliche Wortwahl Luchterhandts in der Ergebniswertung[59] findet nur begrenzten Rückhalt in seinen folgenden konkreten Vorwürfen (die insbesondere auch von den Verteidigern und in Presseartikeln erhoben werden):

·    Verstoß gegen das Verbot der Doppelbestrafung („ne bis in idem“)

·    Keine Untreue, da kein anvertrautes, sondern übereignetes Vermögen

·   Widerspruch des Strafurteils zur Rechtsprechung der russischen Wirtschaftsgerichte

·   Widerspruch zu Russlands Rechtsstandpunkt im EGMR-Verfahren JUKOS/ Russland

 

Fangen wir einmal von hinten an: Warum sollte sich ein Strafgericht an die Rechtsansichten seiner Regierung gebunden sehen? Hätte es das getan, dann müsste man ihm doch erst recht den Vorwurf mangelnder Unabhängigkeit machen.

Die 2. und 3. Vorwürfe betreffen die Frage, ob Danilkin an die Entscheidung der Wirtschaftsgerichte, dass das Öl wirksam vom Geschädigten an den Schädiger übereignet worden sei, gebunden war. Das sind komplizierte Rechtsfragen, über die Juristen durchaus in Streit geraten können, ohne dass man dem Diskussionsgegner Bösartigkeit vorwerfen muss.

 

Da ein Verstoß Danilkins gegen das Doppelbestrafungsverbot[60] überaus häufig behauptet wird, sei er hier etwas genauer geprüft. Der Chodorkowski-Komplex war von der Anklagebehörde von vornherein darauf angelegt gewesen, nicht alles in einen Prozess hinein zu stopfen, sondern abtrennbare Teile je für sich zu verhandeln. So ist auch der zweite Prozess noch nicht das Ende der Aufarbeitung, sondern steht jedenfalls noch ein dritter Prozess an, für den derzeit noch weiter ermittelt wird, wofür die Ermittlungsbehörde auch die von Interpol gesuchten 18 Jukos-Führungskräfte noch ergreifen will; 6 sind inzwischen gefasst.[61]

Dass die in den ersten beiden Urteilen abgeurteilten Taten Bestandteil eines übergeordneten Komplexes sind, hat das zweite Urteil dadurch berücksichtigt, dass es die Strafe aus dem ersten Prozess angerechnet hat.

Ob die durch die beiden Entscheidungen abgeurteilten Taten nur eine Tat waren, die somit doppelt bestraft wurde, hängt vom Begriff „Tat“ ab. Mehrere selbständige Handlungen bilden grundsätzlich nur dann eine einheitliche prozessuale Tat, wenn die einzelnen Handlungen nicht nur äußerlich ineinander übergehen, sondern auch innerlich derart miteinander verknüpft sind, dass der Gehalt der einen Handlung nicht ohne die Umstände der anderen Handlung richtig gewürdigt werden kann und ihre getrennte Aburteilung als unnatürliche Aufspaltung eines einheitlichen Lebensvorgangs empfunden würde; nicht einmal eine Zeitgleichheit der Vorgänge führt zwingend auch zur Annahme nur einer Tat.[62]

Eine Prüfung der russischen Urteile anhand dieser Maßstäbe hat noch niemand im Internet veröffentlicht. Die Umstände, die Luchterhandt prüft (dieselben Angeklagten mit denselben Rollen), reichen für o.g. Maßstäbe nicht aus; dass es sich um „denselben Sachverhalt“ gehandelt haben soll, kann man bei zwei je über 600 Seiten langen Urteilen sicherlich nicht mit einem Federstrich bejahen. Die Gegenstände der beiden Urteile unterscheiden sich zudem auf den ersten Blick. Die wichtigsten Gegenstände des ersten Urteils lassen sich wiederum gut bei Luchterhandt nachlesen[63]:

·      betrügerischer Erwerb einer Beteiligung an der Düngemittel-Erzeugerin Apatit

· betrügerischer Erwerb einer Beteiligung am Düngemittel-Forschungsinstitut Samojlov

·       durch Betrug erreichte Nutzung der Stadt Lesnoj als "Steueroase"

·    durch Betrug erwirkte Verleihung des Status eines "Individuellen Unternehmers ohne Gründung einer juristischen Person"

·   Veruntreuung von Jukos-Geldern dadurch, dass Chodorkowski dem Oligarchen Gusinski und seiner Firma Media-Most 91 Mio. $ vorgeblich als Kredit, tatsächlich aber wegen persönlicher Vorteile unter Verzicht auf die Rückzahlung überlassen habe.

Demgegenüber war Hauptgegenstand des zweiten Urteils:

·     Unterschlagung und Veruntreuung von Öl zulasten Jukos (insbesondere Kauf zu unzulässig niedrigen Preisen)

·       Geldwäsche bzgl. des hierdurch erlangten Öls/Geldes

Dass darüber hinaus in den beiden Urteilen auch Gemeinsames zum Gesamtzusammenhang geschrieben wurde, verbindet die Handlungen, deretwegen Chodorkowski in den beiden Urteilen verurteilt wurde, nicht zu einer einzigen Tat i.S.d. Doppelbestrafungsverbots.

 

Fazit

 

Die öffentliche Empörung über die Chodorkowski-Verfahren und die ungerechtfertigte Stilisierung von Chodorkowski zum Menschenrechtshelden sind durch eine Vielzahl von Interessen beeinflusst.

Der Vorwurf einer politisch bedingten selektiven Rechtsanwendung trifft in erster Linie nicht den Richter, sondern die Staatsanwaltschaft. Derartige politische Einflüsse müssen durch eine Abschaffung des externen Weisungsrechts verringert werde; auch in Deutschland.

Eine politische Einflussnahme auf den Richter des zweiten Prozesses ist bislang noch nicht nachweisbar.

Die gesetzlichen Strukturen der russischen Gerichte sind in Ordnung; es fehlt nur zu oft am Willen der Beteiligten, die richterliche Unabhängigkeit durchzusetzen. Auch um diesen Mangel zu beseitigen, haben die EU und die Weltbank Russland Gelder zur Verfügung gestellt.

Die inhaltliche Kritik am zweiten Urteil ist anhand des geringen übersetzten Materials nicht nachvollziehbar.

 

Wolfgang Hirth


[1] Urt. v. 31.05.2011 - 5829/04 - nicht rechtskräftig

[2] z.B. ist Jelena Lipzer Mitglied im Verteidigerteam Chodorkowskis und Tochter des russischen Menschenrechtlers Lew Ponomarjow (Mannheimer Morgen, 27.12.2010)

[3] z.B war Irina Jassina, Mitglied des Rates für Zivilgesellschaft und Menschenrechte, auch Vorsitzende der Chodorkowski-Stiftung "Offenes Russland".

[4] Jurij Markowitsch Schmidt, DRiZ 5/2011, 151

[5] Michail Chodorkowski, Briefe aus dem Gefängnis, München 2011

[6] dradio 20.12.2004. In umgekehrter Weise befangen der gasprom-nahe Gerhard Schröder 2004: Das Vorgehen der russischen Justiz gegen Jukos sei ein „ganz normales Verfahren … Ich habe keine Anhaltspunkte dafür, dass das nicht mit rechtsstaatlichen Mitteln vor sich geht." (Spiegel-Online, 08.07.2004)

[7] Zu negativen Hamburger Erfahrungen mit verfahrensbegleitender PublicRelation von Angeklagten vgl. Schaberg, MHR 1/2008, 7 und 2/2008, 5

[8] Rainer-Hildebrandt-Medaille des Berliner Mauermuseums am Checkpoint Charlie; Welt 14.12.2010

[9] Berliner Zeitung, 21.06.2002

[10] Chodorkowski (Fn. 5), S. 31; vgl. auch S. 32: „Räuberbarone“

[11] Vgl. Chodorkowski (Fn. 5), S. 41: 410 Mio. $ - „ein Spottpreis, den er zudem größtenteils nicht bar auf den Tisch legt, sondern über zukünftige Öllieferungen an den Staat finanziert“; S. 194: „stimmt, viele Großunternehmen Russlands sind zu einem symbolischen Preis verkauft worden.“

[12] wikipedia

[13] Chodorkowski (Fn. 5), S. 130

[14] Südkurier, 27.12.2010; sonstige Umfrageergebnisse in den Russland-Analysen Nr. 214 v. 11.02.2011, S. 11

[15] Offenbar hat die FDP aber bis heute noch nicht bemerkt, dass Chodorkowski sich während seiner Haft inzwischen von ihren Werten wieder verabschiedet hat. Chodorkowski (Fn. 5), S. 5: „Linksruck“ I/II/III; S. 207 ff: Stärkung des Staates als Regulierer der Wirtschaft; Rückkehr zur Solidarität; Rückkehr zu „neopatriarchalen” Traditionen, Begrenzung des materiellen Konsums, Verstärkung der Kontrolle über Großunternehmen, Einschränkungen der Bewegung von Kapital, Waren und Arbeitskraft.

[17] Tamm, DRiZ 5/2011, 153

[18] nicht zu verwechseln mit dem Europäischen Rat und mit dem Rat der Europäischen Union; der Europarat ist institutionell nicht mit der Europäischen Union verbunden, sondern ist eine eigene internationale Institution, der auch Russland angehört.

[19] deutschsprachige Version des Berichts vom 24.11.2004 zum Thema „Die Umstände bei der Festnahme und Strafverfolgung von führenden Yukos-Verantwortlichen“ bei www.metatag.de/webs/fdp/sls/files/docs/yukos/Bericht_Yukos.pdf. Ihr zweiter Bericht vom 07.08.2009 zum Thema „Behaupteter politisch motivierter Missbrauch des Strafrechtssystems in Mitgliedstaaten des Europarats“ betrifft nicht speziell Chodorkowski und liegt in Deutsch vor bei www.cleanstate.de/Behaupteter%20politisch%20motivierter%20Missbrauch%20des%20Strafrechtssystems%20in%20Mitgliedstaaten%20des%20Europarats.html

[20] Durch vorstehenden Absatz soll den jeweiligen FDP-Personen keine unlauteren Absichten unterstellt und keine bewusste konzertierte Aktion suggeriert werden.

[21] russland.ru/chodorkowski/morenews.php?iditem=52. Diese Internetzeitung wird von Deutschen geführt; der Chefredakteur Hans-Ulrich Berger sitzt in Hamburg. Autor des Beitrags ist Kai Ehlers.

[22] Deutschland hatte damals allerdings andere Interessen als die USA. Die Bundesregierung unter Gerhard Schröder soll nach Angaben des Chodorkowski-Anwalts Amsterdam der Putin-Regierung bei der Zerschlagung des Jukos-Konzerns geholfen haben.

[23] Die von Leutheusser-Schnarrenberger in ihrem Europaratsbericht 2004 (oben Fn. 19) unter Memorandums-Nr. 55 erwähnte Möglichkeit des russischen Motivs „Griff nach dem Vermögen“ betrifft kein Motiv, sondern betrifft den Weg der Umsetzung des Motivs, den Zugriff auf das Öl zu behalten.

[24] … weil die liberalen Wähler den liberalen Parteien all das anlasteten, was ihnen im postsowjetischen Russland genommen worden war (näher Elfie Siegl in den Russland-Analysen Nr. 91 v. 24.02.2006, S. 3)

[25] in den Urteilen vom 31.05.2011 - 5829/04 - und vom 25.10.2007 - Nr. 4.493/04 -

[26] Auch Deutschland ist immer wieder vom EGMR verurteilt worden wegen schlechter Haftbedingungen/Folter (Brechmittel-Fall Jalloh), wegen überlanger Verfahren, wegen Verletzung von Verteidigerrechten (Fall Mooren) und wegen Sicherungsverwahrung. Am 18.10.2010 schrieb Spiegel-Online: „Plötzlich verurteilt der EGMR Deutschland immer häufiger wegen Verstößen … Von 2001 bis einschließlich 2009 haben die Straßburger Richter 82-mal gegen Deutschland geurteilt. Allein in den ersten neun Monaten dieses Jahres sind weitere 20 Verurteilungen dazugekommen.“ Russland wurde 815mal verurteilt und stellt ca. ein Drittel der Verfahren, wofür allerdings auch der russische sog. „Rechtsnihilismus“ eine Mitursache sein soll.

[27] PM des AA vom 24.05.2011

[28] Die Welt, 27.12.2010

[29] Tagesschau, 30.12.2010

[30] Spiegel-Online, 14.02.2011

[31] Berliner Zeitung , 27.12.2010

[32] RIA Novosti, 27.12.2010

[33] Stuttgarter Nachrichten, 31.12.2010

[34] Moskauer Deutsche Zeitung, 19.04.2011; zuvor hatte jenes Gericht in Reaktion auf eine Entscheidung des EGMR bereits auch den Haftbefehl gegen Lebedjew aus 2003 für unrechtmäßig erklärt (Der Spiegel, 23.11.2009)

[35] „Seltsamerweise“ leiten die westlichen Führungen daraus aber nicht die Forderung ab, Russland müsse auch die anderen Oligarchen verfolgen.

[36] OLG Stuttgart NStZ 1981, 262: „Der Gleichheitssatz begründet einen Anspruch auf rechtliche Gleichbehandlung; er dient der Rechtswertverwirklichung; die Gleichbehandlung im Unrecht schützt er nicht  ... Das gilt auch für die Anwendung von Strafvorschriften (BVerfGE 9, 213; 50, 166). Auch aus der längeren oder häufigen Duldung ihrer Übertretung erwächst kein Vertrauensschutz. Dass nunmehr nur gegen den Angeklagten vorgegangen wird und die Grenzen des Willkürverbots überschritten sind, ist nicht ersichtlich.“

[37] Recherche bei Juris nach „Gleichheit im Unrecht“

[38] Zu dieser Einbettung vgl. die Gesamtschau im FSO-Arbeitspapier Nr. 64 vom Juni 2005 ( www.laender-analysen.de/pages/arbeitspapiere/fsoAP64_2aufl.pdf ).

[39] Zu diesem Datum wurde er in Mecklenburg-Vorpommern als letztem Bundesland abgeschafft.

[40] PM des DRB v. 18.09.2007 zu  einem Workshop auf den 19. RiSta-Tag

[41] in der Presse unterschiedlich bezeichnet: Untersuchungsausschuss, Ermittlungsausschuss, Strafverfolgungskomitee

[42] zu den letzten beiden vgl. RIAN, 11.02.2009

[43] Stuttgarter Nachrichten, 31.12.2010

[44] Chodorkowski (Fn. 5), S.53

[47] Oben Fn. 19, Erster Bericht, S. 18; Zweiter Bericht, Rn. 69-73 und dort Fn. 82-88.

[49] in diesem Zusammenhang: u.a. mit dem Vorsitzenden des parlamentarischen Rechtsausschusses, mehreren beschwerten Richtern, dem Präsidenten des Richterrates der Russischen Föderation, einem Kollegen des Obersten Qualifizierungskollegiums für Richter und mit dem Präsidenten des Obersten Gerichtshofs.

[50] Auch in der Justizpresse der Homepage des Hmb. Richtervereins sind wiederholt solche Mängel berichtet worden, insbesondere unter dem 02.12.2009 („Richterrat drängt Kollegen zum Rücktritt, weil ihre öffentliche Kritik an der Unterordnung der Gerichte unter die Exekutive gegen die richterliche Ethik verstoße“) und unter dem 29.10.2009 ("Leistungsprämien" und „Zurückverweisungen als Amtsenthebungsgrund“)

[51] Zur Zeit der vom Hmb. Richterverein organisierten wechselseitigen Richterbesuche mit Russland Anfang der 90er Jahre war die Quote der alten Garde sicherlich noch höher als heute: vgl. schon (den heutigen GenStA) Lutz v. Selle in MHR 1/1992, 3, aber auch unseren weiland Ehrenvorsitzenden Roland Makowka in MHR 1/1995, 6.

[52] TACIS 2003, S. 8. Neben Tacis flossen EU-Gelder auch über die European Initiative for Democracy and Human Rights (EIDHR) und das European Community Humanitarian Office (ECHO) nach Russland. (Sabine Fischer, Die EU und Russland, SWP-Studie 2006, S. 14)

[53] Russland-aktuell, 16.02.2007

[54] Länderstrategie-Papier 2007-2013,  S. 26

[55] Zweiter Bericht von Leutheusser-Schnarrenberger (oben Fn. 19), Rn. 77. Selbst wenn die absoluten Gehälter in Deutschland höher sein sollten, zeigt sich an diesen Verhältnissen auch der Grad der Wertschätzung (vgl. auch Leutheusser-Schnarrenberger, a.a.O.: „Erosion des Sozialstatus“ deutscher Richter)

[56] … auch soweit  die EU-Gelder nicht direkt dafür, sondern für Fortbildung („training“) verwendet werden und damit Russland eine anderweitige Geldverwendung ermöglichen.

[57] RIAN, 24.03.2011

[58] RUSSLAND-ANALYSEN NR. 214, 11.02.2011. Luchterhandt war Direktor der Abteilung für Ostrechtsforschung an der der Universität Hamburg

[59] „Bösartigkeit“, „Treppenwitz“, „bestürzendes Dokument von Rechtsnihilismus und auch von Zynismus der russischen Justiz, weil es den willkürlichen Umgang mit dem Gesetz und die böswillige Verdrehung des Rechts kaum noch verschleiert“ sind nur eine kleine Auswahl der Wertungen.

[60] gilt in Russland über die Verfassung, das Strafgesetzbuch und das ZP-EGMR.

[61] Russland-aktuell, 24.01.2011

[62] Vgl. für das deutsche Recht: BVerfGK 7, 417. Dass in Russland oder der EMRK andere Maßstäbe gelten, ist auch von Luchterhandt nicht behauptet worden.